H&M Home in Berlin eröffnet: Kann ich dort ohne schlechtes Gewissen einkaufen? (2024)

Das Interesse scheint schon mal gegeben. Bereits vor der offiziellen Eröffnung des neuen Concept Stores von H&M Home auf der Rosenthaler Straße werfen die Vorbeischlendernden neugierige Blicke ins Geschäft. Immer wieder versuchen einige, die große Glastür zu öffnen – das Schild davor, das die Eröffnung für den nächsten Tag ankündigt, ist offenbar nicht groß genug.

Ida Lindahl wird das Interesse freuen. Sie ist Hauptgeschäftsführerin der Interior-Marke des schwedischen Textilriesen und zur Shop-Eröffnung angereist. Nach München und Hamburg ist Berlin der dritte deutsche Standort, der nun einen eigenen Store ausschließlich mit den Wohn-Accessoires und Heimtextilien von H&M bekommen hat. Darüber hinaus haben von den rund 380 H&M-Läden in Deutschland 21 Filialen immerhin eine kleine Fläche für das Home-Sortiment.

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Von Manuel Almeida Vergara

Prenzlauer Berg

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Das Interior-Angebot von H&M mag somit noch verhältnismäßig klein sein – der Konzern an sich aber gehört zu den größten Unternehmen im Modebereich, steht als internationaler Player der Fast Fashion immer wieder in der Kritik. Zwar zeigt H&M Ambitionen im Bereich der Nachhaltigkeit und wird dafür selbst von Greenpeace gelobt – die Umweltorganisation moniert allerdings auch, dass die ehrgeizigen Ziele nicht konsequent genug angegangen würden, wirft dem Konzern mitunter Greenwashing vor.

Weniger im Fokus stehen indes H&M Home und überhaupt der Bereich der preisgünstigen Möbel und Wohn-Artikel. Wir haben mit Ida Lindahl darüber gesprochen, wie es bei der Marke um die Nachhaltigkeit bestellt ist, was sie vom Begriff „Fast Furniture“ hält – und ob sich neue Dinge überhaupt noch ohne schlechtes Gewissen kaufen lassen.

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H&M Home in Berlin eröffnet: Kann ich dort ohne schlechtes Gewissen einkaufen? (2)

Ida Lindahl ist Hauptgeschäftsführerin der Interior-Marke von H&M.H&M Home

Ida Lindahl, dass H&M im Modebereich ambitionierte Nachhaltigkeitsziele zumindest formuliert, ist bekannt. Lässt sich das auch für den Interior-Bereich sagen?

H&M arbeitet seit mehr als 20 Jahren an Themen der Nachhaltigkeit, das betrifft sowohl den Mode- als auch den Interior-Bereich. Da wir als Unternehmen ja stark in der Textil-Branche verwurzelt sind, ist das sicherlich ein Bereich, in dem wir schon sehr weit gekommen sind – aber eben auch, was Heimtextilien und Wohn-Accessoires betrifft. 95 Prozent der Textilien, die wir bei H&M Home verwenden, sind auf unterschiedliche Weise nachhaltiger.

Inwiefern?

Wir verwenden sehr viele recycelte oder nachhaltiger gewonnene Stoffe, zum Beispiel Baumwollen, diebiologisch oder recycelt sindund den Richtlinien der Better Cotton Initiative entsprechen (Initiative, die einen freiwilligen Nachhaltigkeitsstandard im Baumwoll-Bereich definiert; H&M gehörte 2005 neben Adidas oder IKEA zu den Gründungsmitgliedern, Anm. d. Red.). Relativ neu ist für uns, dass wir unsere Textilien immer häufiger mit pflanzenbasierten Farben färben. Außerdem sollen alle Hölzer, die wir verwenden, ab Ende 2025 zu 100 Prozent FSC-zertifiziert sein (Forest Stewardship Council, der 1994 das erste System zur Zertifizierung nachhaltiger Forstwirtschaft entwickelte, Anm. d. Red.). Auch was Glas, Metall und Keramik angeht, greifen wir immer häufiger auf recycelte Materialien zurück.

Allein über das Material lässt sich allerdings noch keine wirkliche Nachhaltigkeit erreichen.

Das stimmt. Wir analysieren und evaluieren auch weitere Aspekte, zum Beispiel unseren Transport, kontinuierlich, weil dieser natürlich auch eine Rolle spielt, wenn wir uns mit unserem ökologischen Fußabdruck auseinandersetzen wollen. Unsere Designteams versuchen, die Produkte und auch die Verpackungen so intelligent wie möglich zu entwerfen, sodass sie möglichst wenig Transportfläche brauchen. Und wir versuchen auch den Einsatz von Plastik, was unsere Verpackungen angeht, immer weiter zu reduzieren.

Trotzdem bleibt das Angebot von H&M Home im Bereich der Fast Furniture angesiedelt. Ist das ein Begriff, mit dem Sie leben können?

Wenn Sie unter „Fast Furniture“ verstehen, dass wir eine Interior-Marke sind, die Trends schnell aufgreifen und die Bedürfnisse unserer Kundschaft schnell befriedigen kann, dann fühle ich mich damit wohl. Wenn Sie mit dem Begriff aber meinen, dass wir Produkte anbieten, die schnell gekauft und schnell wieder weggeworfen werden, dann passt das nicht zu uns. Unsere Produkte sind von guter Qualität und außerdem relativ zeitlos gestaltet, was sie auch unter ästhetischen Gesichtspunkten langlebig macht. Daher finde ich, dass wir als Akteur in dem Segment, das Sie „Fast Furniture“ nennen, eine sehr wichtige Rolle einnehmen.

Wie meinen Sie das?

Wir sind davon überzeugt, dass Nachhaltigkeit und erschwingliche Preise Hand in Hand gehen können. Wir unterstützen also auch Kundinnen und Kunden mit einem kleineren Budget dabei, überhaupt bewusstere und nachhaltigere Entscheidungen treffen zu können. Diese Entscheidungen sollten nämlich nichts mit der Größe des Portemonnaies zu tun haben.

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Eine kleine Auswahl an Vintage-Keramiken aus der DDR soll auch das Second-Hand-Shoppen ermöglichen.H&M Home

Aber die einzig wirklich nachhaltige Entscheidung wäre nun mal, einfach gar nichts mehr zu kaufen.

Diese Aussage gilt doch nicht für alle Produkte gleichermaßen, Produkte können ja unterschiedliche Bedürfnisse erfüllen. Ich finde, selbst der Kauf von etwas Neuem kann unter bestimmten Voraussetzungen einen nachhaltigen Effekt haben. Was wir anbieten, sind kleine Wohnaccessoires und Deko-Artikel, die es unseren Kundinnen und Kunden letztendlich ermöglichen, ihren Wohnräumen einen frischen Anstrich zu geben, ohne gleich das gesamte Mobiliar auszutauschen. Und wenn jemand sein altes Sofa nicht einfach wegschmeißt, sondern ihm stattdessen mit ein paar schönen Kissen oder einem Überwurf von uns ein bisschen neues Leben einhaucht, dann ist das doch toll.

Wie nehmen Sie den Druck wahr, der durch Ihre Kundschaft mittlerweile aufgebaut wird? Ist das vergleichbar mit dem Modebereich, in dem Transparenz und Nachhaltigkeit immer stärker eingefordert werden? Auf mich wirkt es, als laufe Fast Furniture im Gegensatz zur Fast Fashion immer ein bisschen unter dem Radar.

Die Forderungen nach einem nachhaltigeren Angebot werden auch im Interior-Bereich immer lauter. Gerade in Deutschland erleben wir, dass Kundinnen und Kunden Nachhaltigkeit nicht mehr als ein schönes Extra wahrnehmen, sondern sie ganz selbstverständlich von uns als Marke erwarten. Das kann kein Unternehmen mehr ignorieren. Wir haben auf unserer Webseite schon lange einen eigenen Bereich, in dem sich Kundinnen und Kunden eingehend darüber informieren können, woher unsere Produkte kommen, woraus sie bestehen und in welcher Fabrik sie gefertigt wurden. Unsere Nachhaltigkeitsinitiativen wollen wir aber auch in unseren Stores, wie dem neuen Concept Store hier in Berlin, sichtbar machen.

Wie denn?

Durch eine offene, freundliche Gestaltung der Geschäfte an sich, aber auch durch bestimmte Angebote. Hier im neuen Berliner Concept Store bieten wir zum Beispiel eine Reihe an Vintage-Keramiken aus der DDR an, die nicht nur gut zum Standort passen, sondern als Secondhand-Artikel auch weniger Umweltauswirkungen haben. Diese besondere, nachhaltigere Art des Einkaufens wollen wir fördern.

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