Boeing 747-8 auf Premierenflug: Lufthansa hebt mit neuem Jumbo-Jet ab (2024)

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Der Schönheitswettbewerb zwischen den beiden Flugzeugen an Gate C15 und C16 auf dem Frankfurter Flughafen ging am Freitag eindeutig aus. Sogar Lufthansa-Chef Christoph Franz fiel es nicht schwer, sich optisch zwischen seinen beiden neuesten Flaggschiffen zu entscheiden: "Die Boeing 747-8 sieht eindeutig besser aus als der Airbus A380", befand Franz, als er das neueste Großraumflugzeug der Kranich-Linie bestieg und den daneben parkenden Super-Airbus nur eines kurzen Blickes würdigte.

Am Freitag um 10.24 Uhr ist der weltweit erste Linienflug der neuesten Jumbo-Version 747-8 mit Passagieren gestartet: LH 416 von Frankfurt nach Washington DC. Die Maschine trägt ein traditionsreiches Kennzeichen, es lautet D-ABYA. Mit diesem Kürzel hat Lufthansa vor mehr als 40 Jahren Geschichte geschrieben. Die Boeing 747, die bei Fliegern unter dem Namen "Yankee Alpha" bekannt ist, wurde als erster Jumbo-Jet an die Kranich-Linie ausgeliefert. Am eisigen Ostermontag des Jahres 1970 kam sie aus Seattle und landete in Hamburg-Fuhlsbüttel vor Tausenden Schaulustigen, die trotz Regenwetters ausharrten. Und am 26. April 1970 flog der auf den Namen "Nordrhein-Westfalen" getaufte Jumbo erstmals im Lufthansa-Linienverkehr von Frankfurt nach New York. Der Beginn einer Ära.

Aus Tradition gibt die Fluggesellschaft den neuen Jumbos wieder das "Yankee Alpha"-Kennzeichen aus den siebziger Jahren. 42 Jahre später ist allerdings das Ende einer Ära erreicht.

Die Zeiten, als die "Königin der Lüfte" - die Boeing 747 - auf Langstrecken Alleinherrscherin am Himmel war, sind vorbei. Kostengünstigere Zweistrahler wie die Boeing 777 oder der noch wesentlich größere Doppelstöcker Airbus A380 dominieren heute die dichtbeflogenen Rennstrecken. Immerhin 20 Prozent günstiger in den Betriebskosten als Boeings bisherige Standardversion 747-400, die auch bei Lufthansa fliegt, soll laut Airbus ihr Gigant A380 sein. Ein schlagendes Argument in Zeiten extrem gestiegener Spritkosten und des Emissionsrechte-Handels.

Insgesamt hat Boeing bisher über 1435 Maschinen der 747 aller Versionen ausgeliefert, rund die Hälfte davon ist noch immer im Einsatz. Insgesamt flogen bis heute 3,5 Milliarden Menschen mit, statistisch gesehen mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung. Doch jetzt legen immer mehr große Fluggesellschaften ihre Jumbos still. Den Anfang machte vor gut einem Jahr der einstmals weltgrößte 747-Betreiber Japan Airlines (JAL), der zwischen 1970 und 2011 insgesamt 112 Flugzeuge dieses Typs unterhielt. Am Karfreitag dieses Jahres verabschiedete Singapore Airlines mit einem Sonderflug für Fans ihre letzte 747.

Verbesserte Aerodynamik

Seit Jahren versucht Boeing, mit einer radikal modernisierten Version ihres Bestsellers der A380 etwas entgegenzusetzen. Seit 2005 geht der Hersteller aus Seattle mit ihrer 747-8 bei Fluglinien in aller Welt hausieren. Zunächst verkaufte sich das Flugzeug nur als Frachter, erst im Dezember 2006 bestellte Lufthansa als Erstkunde 20 Exemplare der Passagierversion. Bis heute ist die Kranich-Linie, die zuvor in fast vier Jahrzehnten bereits über 70 Exemplare der 747 erhalten hatte, immer noch der einzige bedeutende Kunde der 747-8. Magere 36 Stück stehen in den Orderbüchern, davon fünf für Korean Air und zwei für die nigerianische Afrik Air, sonst nur Aufträge für VIP-Flugzeuge.

"Es wäre besser für uns, wenn Boeing mehr von der 747-8 verkaufen könnte", sagt Lufthansa-Passage-Chef Carsten Spohr. Je mehr von einem Typ unterwegs sind, desto einfacher und billiger ist zum Beispiel die Ersatzteilversorgung in aller Welt. Das könnte durchaus wichtig sein, denn Boeing hat reichlich moderne Technik vom neuen 787 Dreamliner in die 747-8 eingebaut.

Die neuen General-Electric-Triebwerke entsprechen zu 80 Prozent denen der 787 und verbrauchen 16 Prozent weniger Treibstoff als das Vorgängermodell 747-400. Sie sind an den gezackten Motorgondeln leicht zu erkennen, die zur 30 Prozent geringeren Lärmentwicklung beitragen. Die neu gestalteten Tragflächen neigen sich an ihren Enden im Flug leicht nach oben und sorgen für wesentlich verbesserte Aerodynamik.

"Die 747-8 ist zu 70 Prozent ein ganz neues Flugzeug, das wurde bisher in der Branche nicht richtig wahrgenommen", klagt Boeings Programmchefin Elizabeth Lund auf dem Erstflug. Gleichzeitig ist sie überzeugt, noch in diesem Jahr weitere Abnehmer für ihren bisherigen Ladenhüter zu finden.

Ein möglicher Grund dafür, dass der Verkauf bislang nicht in Gang gekommen ist: Im Grundsatz ist die neue 747-Version ein altes Design aus den sechziger Jahren und verbraucht mit ihren vier Triebwerken deutlich mehr Kerosin als beispielsweise die zweistrahlige Boeing 777-300ER, die ähnlich groß ist. Für die Lufthansa jedoch ist die 747-8 perfekt, wie Carsten Spohr sagt, "weil wir die größten Business-Class-Kabinen der Welt haben mit 98 Sitzen in der A380 und 92 in der 747-8." Und in das Oberdeck der 76,3 Meter langen neuen Maschine passen insgesamt 32 Business Class-Plätze mit den neuen Flachbett-Sitzen. In der rund fünfeinhalb Meter kürzeren 747-400 waren es noch acht First-Class-Sitze.

Automatisch schließende WC-Deckel

Beeindruckend ist das Entrée zum Oberdeck durch die jetzt breite "Freitreppe" mit Fenster, hier wird weit mehr Raumgefühl geboten als beim bisher eher düsteren Aufstieg ins Oberstübchen. Die Fensterplätze im Oberdeck der neuen 747-8 gehören mit ihren breiten Staukästen daneben zu den beliebtesten Orten an Bord - obwohl auch hier der Fußbereich zu eng ausgefallen ist. "Wir werden das ändern", kündigt Lufthansa-Chef Franz an, künftig sollen die meisten neuen Business Class-Sitze in H-Form nebeneinander anstatt in V-Form zueinander installiert werden. Nur auf den ersten 747-8-Strecken nach Washington DC, Chicago, Los Angeles sowie Delhi und Bangalore, wo die bis Jahresende fünf neuen Jumbos zunächst fliegen werden, wird es das noch nicht geben.

Leider bieten die neuesten Lufthansa-Großraumflugzeuge bisher nicht die Möglichkeit, am Himmel einen Breitband-Internetzugang zu nutzen, wie es in 66 anderen Langstreckenflugzeugen der Gesellschaft bereits möglich ist. Bis Ende 2012 sollen alle rund hundert Großraumjets mit dem sogenannten FlyNet ausgestattet sein. Auch die 747-8, für die das System derzeit noch nicht zugelassen ist. A380-Passagiere der Lufthansa müssen sich sogar noch bis Ende 2013 gedulden, bis sie über den Wolken im Netz surfen können.

Dafür gibt es in der 747-8 andere Finessen, etwa eine Rezeption neben der Haupteinstiegstür und Toilettendeckel, die vor dem Spülen automatisch herunterklappen. Christoph Franz hat es besonders ein Detail seines First Class-Sitzes 3A angetan: Immer wieder lässt er die lautlos regulierbaren elektrischen Fensterblenden auf- und niederfahren und führt eigenhändig den neuen Schallschutzvorhang vor, der Geräusche aus der Bordküche dämmt. Der Lufthansa-Chef ist sich sicher: "Dieses Flugzeug ist so gut, das wird noch ein Spätzünder auf dem Markt."

Während auch Boeing noch hofft, durch weitere 747-8-Verkäufe das Programm am Leben zu erhalten, ist man bei Airbus anderer Meinung: "Ich denke, die werden sich mit Frachtern über Wasser halten und in ein paar Jahren die 747-Produktion unauffällig einstellen", unkt Airbus-Verkaufsdirektor John Leahy.

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